KLEINE KLAGENFURTER KINOGESCHICHTEVon Klaus Pertl, Klagenfurt
Der 28. Dezember 1895 gilt als der Beginn des Kinos in Europa. An diesem Tag führten die Gebrüder Lumière in Paris die ersten Filme vor und verlangten dafür Eintritt. Die Versuche und Experimente, die schließlich zum modernen Kino führten, waren jedoch bereits bekannt, wie man in der „Klagenfurter Zeitung“ vom 4. April 1895 - also mehr als 8 Monate vor der berühmten Vorführung im Keller des Grand Café - nachlesen kann. Die „Lebende Photographie“ verbreitete sich nun in Windeseile über den ganzen Kontinent und machte sich auch nach Klagenfurt auf den Weg. Am 27. März 1896 - 3 Monate nach der Premiere in Paris - erlebte Österreich seine erste Kinovorführung: Ecke Kärntnerstraße / Krugerstraße in der Wiener-Innenstadt wurde der „Cinèmatograph“ präsentiert. Es wurden Filme wie „Bubis Frühstück“, „Die Schmiede“, „Schiffspromenade“ oder „Die Eisenbahn“ gezeigt, Publikum und Prominente stürmten den Kinosaal. Am 17. April 1896 besuchte bereits Kaiser Franz Joseph I. den Kinematographen, wie die „Klagenfurter Zeitung“ am 19. April in der Rubrik „Neueste Nachrichten und Telegramme“ verlautbarte. (Bericht im Original) Seit der Vorführung in Wien war nicht viel mehr als ein halbes Jahr vergangen, als auch in der Kärntner Landeshauptstadt eine „Demonstration lebendiger Photographien“ dargeboten wurde. Der Kinematograph von Charles Crassé sorgte am 29. November 1896 für „Klagenfurts allererste Kinovorführung“. Das frühe Kino war ein Gewerbebetrieb und noch keine Industrie. Der Kinematographenbesitzer war nicht nur für die Reproduktion, er war auch für Teile der Produktion verantwortlich. So entstanden Aktualitäten und Lokalaufnahmen, die dann im eigenen Kinematographen vorgeführt wurde. Die Besucher hatten dadurch die Gelegenheit, die ihnen vertraute Umgebung erstmals auf der Leinwand zu sehen. Als 1899 Johann Bläser mit seinem Bioskop in Klagenfurt war entstand „Kärntens allererster Film“. Einen ausführlichen Artikel über „Die ersten Kinovorstellungen in Kärnten“ finden Sie auch in der Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde Carinthia I. Doch nicht nur Sr. Majestät den Kaiser wollte man im Kino sehen, bereits am 28. Oktober 1899 findet in Klagenfurt „eine sehr gut besuchte Herrenvorstellung statt“. Die Darstellung „nackten Fleisches“ überschwemmt also nicht nur das Internet, auch das Kino hat bereits 1899 seine Unschuld verloren. Standfotos aus der Filmsammlung „Pikante Szenen“ Österreich, 1907. Wanderkinos - wie das von Louis Geni (1903), Carl Zins (1904), Emerich Frank und F.R. Mühlhans (1905), Lifka und die Gebrüder Fraiss (1906), Franz Schober (1907) und als letzte Fried & Elektro-Bioskop (1908) - machten nun regelmäßig in Klagenfurt Station. Gegen Ende des Jahrzehnts wurde das Kino langsam seßhaft. Mitte 1908 war es in Klagenfurt soweit - die große Zeit der Wanderkinos ging zu Ende - die Besucher hatten sich an den bewegten Bildern satt gesehen und wollten bessere Bildqualität, mehr Komfort, eben ein anderes Kino. In Klagenfurt begann nun der Kampf um die Vorherrschaft auf dem Kinomarkt zwischen dem „Köstnerschen Kinematographen-Theater“, welches zu Beginn noch im Zelt spielte, und dem „Klagenfurter Reform-Kinematographen“ von Hermann Prechtl, der als erster eine feste Spielstätte hatte und auf neue Publikumsschichten zielte. Prechtl sollte als Sieger aus dieser Kontroverse hervorgehen. Hier können Sie die zahlreichen Zeitungsartikel zu diesem Konkurrenzkampf aufrufen. Das Sensations-Weihnachtsprogramm des Jahres 1908: Die Ermordung des Herzogs von Guise Vom ältesten in Kärnten gedrehten - aber leider noch nicht gefundenen - Film haben wir ja bereits gesprochen. Nun wollen wir einen Blick auf den ältesten erhaltenen werfen. Der knapp vier Minuten lange Film „Eröffnung der Kärntner Landes-Handwerkerausstellung 1911“ gehört heute zu den Schätzen des „Filmarchiv Austria“, welches sich der Erhaltung dieser historischen Kostbarkeiten verschrieben hat hat. Eine Kurzfassung von Prechtls Film können Sie im Kino sehen. Klicken Sie auf die kleinen Grafiken, und Sie bekommen folgende Standbilder vergrößert: (von links nach rechts) - Ausstellungs-Kinematograph (Totale) - der Kinematographenbesitzer vor seiner Kassa (Prechtl ganz links im Bild) - Freigelände der Landeshandwerkerausstellung - Erzherzog Karl besucht die Ausstellung. Das 1926 erbaute Volkskino war das letzte Lichtspieltheater Klagenfurts, das noch als Stummfilm-Kino eröffnet wurde. Heute beherbergt es das einzige Programmkino der Stadt, das einstige Alternativkino. Zu Pfingsten 1930 begann auch in Klagenfurt die Tonfilmzeit, das Stadttheater- und das Volkskino eröffneten mit neuer Tonanlagen, und die Kammerlichtspiele in der Adlergasse öffneten während des 2. Weltkriegs ihre Tore. Wanderkinos sind nicht nur ein Phänomen der frühen Jahre des Kinos, sondern haben sich noch lange gehalten, in Ausnahmefällen bis heute. Konrad Plasonig war mit seinem Reisekino bis Mitte der 70er Jahre in Kärnten unterwegs. Dies sind die ersten Bausteine zur Klagenfurter Kinogeschichte. Viele Details sind noch zu erarbeiten, glücklicherweise tauchen jedoch immer wieder neue Fragmente auf, die das Bild abrunden. So verfügte das Bundesgymnasium Völkermarkter Ring in Klagenfurt seit dem 15. Februar 1930 über ein eigenes Schulkino. Ein Zitat aus dem Jahresbericht der Schule zeigt, daß der Einsatz von Medien schon damals sehr ernst genommen wurde. „Daß das Laufbild ein sehr wichtiges und manchmal sogar unentbehrliches Lehrmittel ist, dürfte gegenwärtig kaum mehr angefochten werden.“ Zu guter Letzt noch ein Blick in die Modernen Zeiten und ein Hinweis in eigner Sache: Unter „Rückpro“ finden Sie Reaktionen auf diese Seite. Diese Seite entstand durch die großartige Unterstützung von Bernd Poch vom „Forum Mediengeschichte“. An der Vervollständigung der Informationen wird - wie bei fast allen Seiten - ständig gearbeitet, sollten Sie am Thema interessiert sein, Klaus Pertl - der Autor dieser Seiten - würde sich über eine Nachricht freuen. eMail an Klaus Pertl Zum Beginn der Seite Linksammlung zum Thema: „Frühes Kino in Österreich“
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