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Die ersten Kinematographen entstanden aus der Schaustellerei und so durchwanderte auch der Klagenfurter Kinopionier Hermann Prechtl fast ganz Europa, bevor er sein erstes Wanderkino eröffnete. Fast ein Jahrzehnt war Prechtl mit seinem Wanderkino unterwegs, ehe er am Pfingstmontag 1908 in der Schulhofgasse (jetzt 10.- Oktoberstraße) den „Klagenfurter Reform- Kinematograph“ gründete und damit einen entscheidenden Vorsprung auf seinen Kontrahenten - Spenglermeister und Kinobetreiber Carl Köstner - schaffte. Die Kassa des Wanderkinos hat am Dachboden die Jahrzehnte überdauert und ist nun im Kinomuseum im ehem. ORF-Mittelwellensender am Lendkanal zu sehen.
Im Eröffnungsjahr kostete der teuerste Platz eine Krone 20 Heller, der billigste 40 Heller. Viele Jugendliche konnten sich auch das nicht leisten. Auf den guten Papa Prechtl bauend, warteten Sie darauf, bis der Besitzer erschien, sein „Geh' eini, Lausbua!“ sprach, womit der Kinobesuch für die jungen Leute gesichert war.
In der Klagenfurter Zeitung findet sich folgender Artikel zur Eröffnung des Kinos:
(Der Reform-Kinematograph,)
von H.Prechtl in den geschmackvoll renovierten Räumlichkeiten der ehemaligen Schwechater Bierhalle
in der Schulgasse eingerichtet, wurde am Pfingstmontage unter großem Andrange des Publikums, welches sich bei den gediegenen Darbietungen
trefflich unterhielt, eröffnet. Es herrschte nur eine Stimme der Lobes über die Schönheit der Bilder, von welchen
insbesondere die kolorierten geradezu faszinierend wirken. Von letzteren wären insbesondere hervorzuheben die „Alten und
modernen Tänze“, „Die Seelenwanderung“ und „Der moderne Bildhauer“. „Die Rache eines gemaßregelten
Eisenbahnbediensteten“ hält den Besucher in größter Spannung, ebenso die Episode „Die Tochter des Bergmannes“.
Im Gegensatze zu dem düsteren Charakter der im alten Pompeji spielenden Szenen „Die Rivalin“ bergen das „dreifache
Rendezvous“, die „Flucht eines Galeerensträflings“ und „Poesie und Musik“ eine Fülle des Heiteren in
sich, die sich allgemein der Stimmung des Publikums mitteilt. Von großem sportlichen Interesse sind die Bilder vom „Wintersport
in St. Moriz in der Schweiz“. Alles in allem beruht das Unternehmen auf einer Grundlage, die von vornherein für den
Erfolg bürgt. Im Jahre 1911 wurde in Klagenfurt die große Handwerkerausstellung abgehalten und Hermann Prechtl war nicht nur mit seinem Ausstellungskinematographen vertreten, sondern filmte auch die Eröffnungsfeierlichkeiten und zeigte: „Eröffnung der Landeshandwerkerausstellung im Jahre 1911 unter dem Ehrenprotektorat von Erzherzog Karl Franz Josef“ noch oft in seinem Kino. Der Film ist erhalten geblieben und befindet sich heute im Filmarchiv Austria. Der Klagenfurter Komponist Thomas Modrej hat eine neue Musik zum alten Stummfilm geschrieben. Als am 31.Dezember 1971 das Prechtl-Kino für immer schließen musste, brachten alle Kärntner Tageszeitungen ausführliche Berichte über das traditionsreiche Lichtspieltheater: Kleine Zeitung / KTZ. Vierzig Jahre später erinnern Kleine Zeitung und kaernten.ORF.at an das Ende des Prechtl-Kinos. Um den Bogen zu schließen, der Urenkel des Kinopioniers war - wie all seine Vorfahren - der Schaustellerei treu geblieben und mit einem Autodrom im Land unterwegs. Zum Beginn der Seite Zurück zur „Klagenfurter Kinogeschichte“ |